Vervolg :
Weil die eigene Zustellorganisation nicht ausreicht, um ganz Deutschland zu bedienen, wird ein großer Anteil der Sendungen lediglich vorsortiert und dann in die Briefzentren der Deutschen Post eingeliefert. Deren Boten übernehmen dann die Zustellung. Für diese Art der Vorarbeit (Konsolidierung) bekommt Postcon zwar hohe Rabatte. Doch die Margen sind geringer als bei eigener Zustellung. Bis heute hat es Postcon deshalb nicht geschafft, Gewinne zu erwirtschaften.
Der Postnutzer-Verband DVPT lobte das Ratinger Unternehmen als einen verlässlichen und anerkannten Partner auf dem deutschen Briefmarkt. „Es wäre gut, wenn wir auch in Zukunft einen schlagkräftigen und qualitätsbewussten Konkurrenten zur Deutschen Post behielten“, sagte DVPT-Vorstand Klaus Gettwart der F.A.Z. Über einen Rückzug von PostNL aus Deutschland, wo der Platzhirsch Deutsche Post den Markt laut Bundesnetzagentur mit einem Anteil von rund 84 Prozent immer noch dominiert, war immer wieder einmal spekuliert worden.
Vor zwei Jahren wollten die Niederländer im Zuge einer Neuausrichtung ihr Deutschlandgeschäft noch stark ausbauen. Dazu hatte Postcon die Berliner Pin Mail mit 1100 Mitarbeitern übernommen. Anders als in den Niederlanden, wo PostNL einen Mengenrückgang bei adressierten Sendungen um rund 10 Prozent im Quartal verkraften musste, schrumpfen die Briefmengen hierzulande nur um 2 bis 3 Prozent im Jahr. „Die Wechselbereitschaft geschäftlicher Versender steigt“, ergänzt Gottschalk. „Große Unternehmen und Behörden sind nicht mehr bereit, das hohe Postporto zu zahlen und dafür schlechte Qualität zu bekommen.“Für die Postcon-Kunden soll trotz des Eigentümer-Wechsels alles beim Alten bleiben. Auch der Markenauftritt werde sich nicht ändern. „Pin bleibt grün, und Postcon bleibt orange“, sagte Gottschalk.
Der Verkaufsprozess soll nach seinen Worten bis Anfang 2019 abgeschlossen sein
(EERST ZIEN DAN GELOVEN)
. Gespräche mit Interessenten gebe es noch nicht. Der eine oder andere Branchenkenner tippt auf einen Verlag, der sein Zustellgeschäft ausbauen will. „Das ist spekulativ, aber nicht ausgeschlossen“, meinte Horst Manner-Romberg, Chef des auf die Post- und Paketbranche spezialisierten Hamburger Beratungsunternehmens MRU. Auch andere Konsolidierungsunternehmen wurden als mögliche Kandidaten genannt, etwa Freesort, eine Tochtergesellschaft der börsennotierten Francotyp-Postalia in Berlin.
In Frage kämen ebenfalls Logistikkonzerne, die wie die westfälische FiegeGruppe Erfahrungen im Briefgeschäft mitbrächten. Manner-Romberg rechnet auf jeden Fall damit, dass Finanzinvestoren anklopfen werden: „Für die könnte es eine Story werden.“ Auch wenn der deutsche Briefmarkt eher stagniert, sieht Postcon-Chef Gottschalk für sein Unternehmen weiterhin gute Chancen. Der eigene Marktanteil sei so klein, dass man sogar in einem schrumpfenden Markt wachsen könne, sagte er. Einen Favoriten als möglichen neuen Eigentümer habe er nicht: „Für mich kommt es darauf an, was der neue Eigentümer an Strategie und Investitionsbereitschaft mitbringt.“
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Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 07.08.2018, Seite 22, Ressort Wirtschaft von Helmut Bünder
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